Teilrevision zweier Ausführungserlasse zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF, VD-ÜPF)

Teilrevision zweier Ausführungserlasse zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF, VD-ÜPF)

Die GLP lehnt die geplante Revision ab. Die geplante Verschärfung wäre rechtskonform nur durch eine (referendumspflichtige) Gesetzesrevision zu erreichen.

Kern der Revision ist eine erhebliche Verschärfung der Überwachungspflichten für KMU. Neu sollen bereits Anbieterinnen abgeleiteter Kommunikationsdienste (AAKD) mit gerade einmal 5’000 Nutzenden strengen Überwachungspflichten unterworfen werden, indem eine neue mittlere Klasse von überwachungspflichtigen Unternehmen geschaffen wird. So sollen derartige Anbieterinnen künftig beispielsweise ihre Kunden zweifelsfrei identifizieren und Kommunikationsranddaten für sechs Monate speichern.

 

Die Revision widerspricht einer erst 2023 geäusserten Position des Bundesrats, gemäss der die in der noch geltenden Verordnung vorausgesetzte Kombination von mindestens 100 Millionen Umsatz und 5’000 Nutzern als Mittel zum Schutz der KMU dient (Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 19.4031). Mit der Revision sollen diese Kriterien künftig getrennt betrachtet werden, sodass Unternehmen mit 5’000 Nutzenden unabhängig von ihrem Umsatz unter die neuen, erheblich strengeren Überwachungspflichten fallen.

 

Anbieterinnen abgeleiteter Kommunikationsdienste sind bereits nach geltendem Recht verpflichtet, bei Überwachungsmassnahmen des Bundes mitzuwirken, und zwar auch dann, wenn sie die beiden kumulativen Kriterien nicht erfüllen: Sie müssen insbesondere Auskünfte erteilen über Informationen, die bei ihnen vorliegen, und sie müssen dulden, dass die Überwachungsbehörden bei ihnen Überwachungsmassnahmen durchführen.

 

Die gesetzliche Grundlage der geplanten Unterstellung von AAKD unter strengere Überwachungspflichten, Art. 27 Abs. 3 des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs BÜPF, bleibt bei der vorliegenden Verordnungsrevision unangetastet. Das BÜPF setzt damit für eine strengere Massnahmen weiterhin eine «grosse Benutzerschaft» voraus. 5’000 Nutzende sind aber keinesfalls eine «grosse Benutzerschaft» in diesem Sinne: Es gibt im Gegenteil faktisch keine AAKD, die mit einer Nutzerbasis von nur gerade 5’000 Personen rentabel operieren können. Vielmehr ist der Markt für Internetdienstleistungen durch starke Skaleneffekte gekennzeichnet, sodass Unternehmen für einen rentablen Betrieb meist Hunderttausende, ja Millionen von Nutzenden benötigen.

 

Die Verordnungsrevision führt damit faktisch dazu, dass sich sämtliche AAKD der Schweiz plötzlich mit erheblich verschärften Überwachungspflichten konfrontiert sehen. Dies widerspricht Sinn und Geist der gesetzlichen Regelung des BÜPF, welche gerade das Ziel hat, KMU und deren Innovationskraft vor allzu schweren Eingriffen zu schützen (vgl. etwa die parlamentarische Debatte zu Art. 27 BÜPF, AB 2014 S 115 f., AB 2015 N 1155). Sie widerspricht zudem diametral der Praxis des Bundesgerichts, das AAKD vor der Einführung verschärfter Überwachungspflichten geschützt hat (Urteil vom 29. April 2021, EJPD gegen Threema GmbH).

 

Die Revision steht damit in klarem Widerspruch zum geltenden Recht (BÜPF), ja selbst zum revisionsauslösenden Postulat 19.4031, das explizit die Entlastung von KMU im Überwachungsbereich forderte und die nun vorgenommen Hochstufungen zu minimieren versuchte.

 

Die GLP lehnt die geplante Revision aus diesem Grund ab. Die geplante Verschärfung wäre rechtskonform nur durch eine (referendumspflichtige) Gesetzesrevision zu erreichen.

 

Abschliessend erlauben wir uns noch den Hinweis, dass wir die Gesetzgebungstechnik des Entwurfs für mangelhaft halten. Sowohl der Verordnungstext als auch der zugehörige erläuternde Bericht sind über weite Strecken verwirrend und kaum verständlich formuliert, unter anderem mit einer Vielzahl von Querverweisen, Abkürzungen, aber auch technischen Fehlern und unklaren Begrifflichkeiten. Die Texte sind in dieser Form selbst für Fachleute über weite Strecken kaum verständlich, geschweige denn als Ganzes zu überblicken. Gerade für KMU, die durch die Revision neu mit erheblich strengeren Pflichten konfrontiert werden sollen, ist eine effiziente und rechtskonforme Umsetzung dieser Vorlage daher nicht zu erreichen. Das Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Bundesverfassung fordert vom Gesetzgeber, dass Gesetzestexte für die Adressaten verständlich formuliert sind. Die Texte der Verordnungsrevision genügen dieser Anforderung in keiner Weise. Auch aus diesem Grund lehnen wir die Revision ab.