Allgemeine Bemerkungen
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die geopolitische Ausgangslage in Europa und fĂ¼r die Schweiz verändert. Die Verletzung des Gewaltverbots und der territorialen Unversehrtheit durch Russland gegenĂ¼ber der Ukraine ist eine Missachtung der völkerrechtlichen Rechtsordnung gemäss UNO-Charta. Das Völkerrecht ist Grundlage dafĂ¼r, dass souveräne Staaten gleichrangig und in Frieden und Stabilität mit- und nebeneinander existieren können. So ist es auch im ureigenen Interesse der Schweiz, dass die völkerrechtliche Rechtsordnung in der Welt respektiert wird. Denn ein bĂ¼ndnisneutraler, militärischer Kleinstaat wie die Schweiz kann im Angriffsfall kaum autonom die Sicherheit der eigenen Bevölkerung gewährleisten. FĂ¼r die GLP ist es deshalb selbstverständlich, dass die Schweiz zur Wiederherstellung der völkerrechtlichen Rechtsordnung in Europa und der Welt beitragen soll. Die letzten Monate haben gezeigt, dass völkerrechtswidriges Handeln in der Welt schnell Nachahmung findet. Solchen Entwicklungen muss entgegengewirkt werden. Die GLP begrĂ¼sst deshalb sehr, dass sich der Bundesrat darum bemĂ¼ht, die Schweiz als Vermittlerin in diesem Krieg zu positionieren. Wir sind Ă¼berzeugt, dass die Schweiz dank ihren langjährigen Erfahrungen in Friedensverhandlungen und ihren guten diplomatischen Beziehungen eine wichtige Rolle in einem Friedensprozess wahrnehmen kann.
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Eintreten
Ergänzend zu ihren starken Kompetenzen in der humanitären Hilfe und Friedensvermittlung soll die Schweiz aber Staaten, die den gleichen Werten verpflichtet sind und die in der Schweiz erworbenes Kriegsmaterial an die Ukraine zur Selbstverteidigung weitergeben möchten, keine HĂ¼rden in den Weg stellen. Deshalb unterstĂ¼tzen wir die vorgeschlagene Reform der Wiederausfuhr von Kriegsmaterialien und lehnen den Nichteintretensantrag der Minderheit Hess ab.
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Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine wurde die Schweiz mehrfach von Empfängerstaaten von Schweizer Kriegsmaterial angefragt, erworbene Panzer oder Munition an die Ukraine weitergeben zu dĂ¼rfen. Auch mit den geltenden Nichtwiederausfuhr-Erklärungen, die aufgrund neutralitätspolitischer Ăœberlegungen bestehen, hätte die Schweiz diesen Anfragen zustimmen können. Der Bundesrat hat sich aber fĂ¼r eine neutralitätspolitisch restriktive Haltung entschieden und die Anfragen zur Wiederausfuhr abgelehnt. Der Bundesrat schätzte es als wichtiger ein, dass die Schweiz auch nicht indirekt zu einer militärischen BegĂ¼nstigung einer Kriegspartei beiträgt, als dass die anfragenden Staaten ihr erworbenes Kriegsmaterial zur Selbstverteidigung und Verteidigung des Völkerrechts weitergeben dĂ¼rfen. Die GLP erachtet diese Einschätzung als Ă¼berholt. Der Bundesrat klammert aus, dass sich die geopolitische Situation in Europa mit dem Krieg in der Ukraine grundlegend verändert hat. Ebenfalls klammert er aus, dass die Neutralität der Schweiz seit jeher kein Selbstzweck, sondern ein aussen- und sicherheitspolitisches Mittel ist.
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Die eidgenössischen Räte und ihre sicherheitspolitischen Kommissionen ringen seit Ă¼ber zwei Jahren um eine Reform der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial. Mit dem Umsetzungsvorschlag der SiK-N liegt ein Kompromiss vor, den die GLP mitträgt. So soll es Staaten, welche den gleichen Werten verpflichtet sind und ähnliche Exportregimes aufweisen, grundsätzlich ermöglicht werden, Kriegsmaterial an Drittstaaten weiterzugeben, sofern diese nicht in einen internen oder internationalen Konflikt verwickelt sind, nicht systematisch die Menschenrechte missachten und kein grosses Risiko dafĂ¼r besteht, dass das Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird. Die Weitergabe soll aber auch in klar definierten Ausnahmefällen möglich sein: Einerseits, wenn ein Drittstaat das Kriegsmaterial zur Nutzung seines Selbstverteidigungsrechts einsetzt, also im Fall eines völkerrechtswidrigen Angriffs. Dieser Tatbestand fĂ¼r das Selbstverteidigungsrecht gemäss Art. 51 der UNO-Charta kann durch den UNO-Sicherheitsrat oder durch eine völkerrechtliche Analyse des Empfängerstaats von in der Schweiz erworbenem Kriegsmaterial festgestellt werden. Andererseits, wenn der UNO-Sicherheitsrat Massnahmen nach Art. 41 der UNO-Charta angeordnet hat, die Streitkräfte beinhalten.
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Die GLP begrĂ¼sst, dass mit dieser Vorlage ein Kompromiss vorliegt, der sich auf die völkerrechtlichen Grundsätze der UNO-Charta stĂ¼tzt. Vorteile sieht die GLP insbesondere darin, dass enge und bereits bewährte Kriterien dafĂ¼r angewendet werden sollen, fĂ¼r welche Staaten die Aufhebung der Nichtwiederausfuhrerklärung nach einer Frist von 5 Jahren erlischt. Damit wird die Abwägung im Einzelfall obsolet und die Weitergabe nach klaren, von der Schweiz festgelegten Bedingungen ermöglicht. Konkret handelt es sich um jene Staaten, die in Anhang 2 der Kriegsmaterialverordnung aufgefĂ¼hrt sind. Das sind demokratische Staaten, die Ă¼ber ähnliche Exportregimes verfĂ¼gen wie die Schweiz. Diese Kategorie von Staaten wird bereits anderweitig im Kriegsmaterialgesetz fĂ¼r Ausnahmebestimmungen verwendet. Dass dieselbe Systematik angewendet wird, begrĂ¼ssen wir. Damit obliegt es nicht länger der Schweizer Kontrollbehörde bzw. dem Bundesrat, eine Wiederausfuhr zu ermöglichen, sondern unsere Partnerstaaten können selber direkt darĂ¼ber befinden. Diese Staaten verpflichten sich aber, die von der Schweiz gestellten Bedingungen zu berĂ¼cksichtigen.
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Minderheiten
Art. 18 Abs. 3 (neu) und Art. 46 Abs. 3 (neu)
Die GLP lehnt die Minderheit I Fivaz ab: Mit der Frist von 5 Jahren, wie sie in der Mehrheitsvariante vorliegt, wird bereits weitgehend ausgeschlossen, dass Kriegsmaterial einzig zur Weitergabe an einen Drittstaat exportiert wird. Eine Verlängerung dieser Frist auf 10 Jahre ist aus Sicht der GLP deshalb unnötig. Die Mehrheitsvariante stellt zudem einen Kompromiss dar, um den in der Kommission lange gerungen wurde, und den wir nicht wieder in Frage stellen wollen.
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Ebenfalls lehnt die GLP die Minderheit II Tuena in Art. 18 Abs. 3 (neu) ab, welche vorsieht, dass die Nichtwiederausfuhrerklärung nach 5 Jahren bedingungslos erlischt. Diese Minderheit hätte zur Folge, dass Schweizer Kriegsmaterial nach Ablauf der Frist von den Empfängerstaaten an sämtliche Länder weitergegeben werden könnte, unabhängig davon, ob sie in BĂ¼rgerkriege verwickelt sind oder systematisch die Menschenrechte missachten. Dies widerspricht der humanitären Tradition der Schweiz, unseren Regelungen zur direkten Ausfuhr von Kriegsmaterialien und macht uns unglaubwĂ¼rdig und angreifbar. Zudem widerspricht sie dem Ă¼bergeordneten Ziel der vorliegenden Reform der Wiederausfuhr von Kriegsmaterial.
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Auslöser dieser Reform ist wie einleitend ausgefĂ¼hrt der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Aus diesem Grund erachten wir es nur als konsequent, mittels einer Ăœbergangsbestimmung auch bereits bestehende Nichtwiederausfuhr-Erklärungen auf 5 Jahre zu befristen. Damit könnte Kriegsmaterial, das Staaten bereits vor Ausbruch des Kriegs von der Schweiz erworben haben, der Ukraine zur Selbstverteidigung weitergegeben werden. Entsprechend lehnen wir die Minderheit II Tuena auch in Art. 46 Abs 3. (neu) ab.
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Art. 32a (neu)
Die GLP lehnen die Minderheit Fivaz, welche eine eigene Systematik fĂ¼r die Definition der Empfängerstaaten fordert, aus oben genannten GrĂ¼nden ab.
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Wir danken Ihnen fĂ¼r die Gelegenheit zur Stellungnahme und die PrĂ¼fung unserer Anmerkungen. Bei Fragen stehen Ihnen die Unterzeichnenden sowie unser zuständiges Fraktionsmitglied, Nationalrat Patrick Hässig, gerne zur VerfĂ¼gung.