Grundsätzlich begrüssen wir eine Totalrevision der Pflanzenschutzmittelverordnung, da die Übersichtlichkeit in der komplexen Regulierung verbessert wird. Auch unterstützen wir eine Annäherung des Zulassungsverfahrens an die EU. Wir möchten aber daran erinnern, dass die negativen Auswirkungen der hohen Pestizidbelastung unbestritten sind, die sich etwa im akuten Rückgang der Artenvielfalt in Böden, Gewässern und Luft sowie in der Verschmutzung von Grundwasser zeigen. Um unsere Produktions- und Lebensgrundlage zu erhalten, ist zwingend sicherzustellen, dass diese Belastung kontinuierlich und nachhaltig reduziert wird. Die Totalrevision der Pflanzenschutzmittelverordnung darf deshalb keinesfalls mit einer Senkung des Schutzniveaus einhergehen. Eine Senkung des Schutzniveaus ist auch aus demokratiepolitischen Gründen problematisch: Damit würden zentrale Errungenschaften, die mit dem informellen Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative (parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Pestizideinsatz verringern») erreicht wurden, rückgängig gemacht. Aus diesen Gründen erachten wir insbesondere folgende Präzisierungen bzw. Anpassungen als notwendig: Die Schweiz muss weiterhin eigenständig über die Zulassung eines Wirkstoffs befinden können, auch wenn die Zulassung in der EU bereits erfolgt ist (Art. 45). Den gebietsspezifischen Risiken und Konsequenzen für die betroffenen Gebiete in der Schweiz muss angemessen Rechnung getragen werden und sie müssen in die Entscheide über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln miteinbezogen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die spezifischen Risikosituation in der Schweiz angemessen berücksichtigt wird. Die vereinfachte Zulassung ist zudem auf neu zugelassene Wirkstoffe zu beschränken, da in der EU noch diverse Wirkstoffe zugelassen sind, deren Zulassungen nicht auf dem neusten Erkenntnisstand beruhen (Art. 7). Auf die Zulassung von Wirkstoffen, die in der EU nicht zugelassen sind, ist zudem grundsätzlich zu verzichten (Art. 13). Das «Fehlen von Alternativen» darf keinesfalls alleiniger Grund für die Zulassung von Wirkstoffen sein, die in der EU nicht zugelassen sind (Art. 10).
Wir begrüssen explizit, dass die Genehmigung von Wirkstoffen, Safener und Synergisten befristet wird. Damit kann sichergestellt werden, dass Pflanzenschutzmittel regelmässig auf die Einhaltung der neusten Zulassungskriterien überprüft werden. Ebenso begrüssen wir die Erhöhung des Kostendeckungsgrads sowie der Transparenz. Letztere sollte unseres Erachtens für einen wirksameren Vollzug aber weiter erhöht werden. Hingegen erachten wir es als wichtig, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch nicht professionelle Anwender eingeschränkt wird, um die Belastung von Böden, Gewässern und Luft zu reduzieren. Wir würden es deshalb begrüssen, wenn eine Beschränkung auf Grundstoffmittel oder auf im Biolandbau akzeptierte Mittel geprüft würde.
Die Struktur der totalrevidierten PSMV mit der Untergliederung in Titel, Kapitel und Abschnitte ist unübersichtlich. Für verschiedene Arten von Pflanzenschutzmitteln wiederholen sich gewisse ganz oder teilweise deckungsgleiche Textpassagen. Es stellt sich die Frage, ob die gewählte Gliederung adressatengerecht gewählt ist. Aus unserer Sicht ist es zwingend notwendig, dass für die Inverkehrbringer ein Hilfsmittel erstellt wird, in dem ihre Pflichten und die wichtigsten Vorgaben für die Produkte übersichtlich zusammengefasst werden.
Der vorliegende Verordnungsentwurf regelt, wie die bisherige PSMV2010, insbesondere das Inverkehrbringen und den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln. Pflichten der Akteure, die zugelassene Mittel auf den Markt bringen, werden, anders als in vergleichbaren Rechtstexten (z. B. Düngerverordnung vom 01.11.2023), nicht formuliert. Hersteller, Importeure oder Bewilligungsinhaber sind nicht explizit verpflichtet, Massnahmen zur Sicherstellung der Qualität und der Konformität mit der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln durchzuführen. Dieser zentrale Mangel ist mit der Totalrevision durch Einführung eines entsprechenden Grundsatzes zu beheben.
Der Bereich der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Siedlungsgebieten braucht Präzisierungen. Aus diesem Bereich sind heute viele Punktbelastungen im Wasser und diese gilt es in Zukunft zu vermeiden. Hier muss in Zukunft deutlich restriktiver gearbeitet werden. Eine Zulassung für die Landwirtschaft darf für eine Anwendung im Siedlungsgebiet nicht reichen. Dazu sollten Zusatztests notwendig sein, da die Rückstände in den jeweiligen Orten grösser sind, da weniger Aktivsubstanz abgebaut wird, weil meistens nicht auf einen gewachsenen Boden appliziert wird.