Dienstag, 21. Mai 2024

Stellungnahme zum landwirtschaftlichen Verordnungspaket 2024/AP22+

Ökologische und ökonomische Produktion stärken, Fehlanreize senken.

Wir begrüssen die Beiträge zur Transformation hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Sie sind aber nicht ausreichend und nicht zu Ende gedacht. 

 

Die Wirtschaftlichkeitsprüfung muss sich zwingend auch an der Arbeitsabgeltung der betriebsleitenden Person orientieren. Dabei gilt es auch die Lohnabgeltung aller im Betrieb mitarbeitenden Familienmitglieder für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit miteinzubeziehen. Die vorgeschlagene Wirtschaftlichkeitsprüfung mit der Rückzahlungsfähigkeit des gesamten Fremdkapitals ist aus unserer Sicht ungeeignet und nicht zielführend, da damit auch betriebsfremde Aspekte, wie die Höhe des auswärtigen Verdienstes, die Höhe des Privataufwandes, die Abgrenzungen des Fremdkapitals (z.B. wenn das Eigengut der Ehefrau im Betrieb als Darlehen an den Ehemann bilanziert haben möchte usw.) usw. Einfluss darauf hätten. All diese Elemente dürfen für eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit einer landwirtschaftlichen Investition nicht von Bedeutung sein. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung hat sich an der Verbesserung der Arbeitsabgeltung der betriebsleitenden Person sowie an der genügenden Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals zu orientieren. Wie die Studie «Landwirtschaft im Berg- und Sömmerungsgebiet: Entwicklungen, regionalökonomische Zusammenhänge und Wirkungen der Agrarpolitik» zeigt, welche im Auftrag des BAFU verfasst wurde, ermöglicht und begünstigt die aktuelle Agrarpolitik eine kostenintensive Produktionsweise mit hohem Anlagevermögen. Dabei zeigt sich, dass Produktionsstrategien, die nicht einen hohen Arbeitsverdienst anstreben, für einen grossen Teil der Betriebe attraktiv sind. Dieser Entwicklung gilt es entgegenzuwirken. Wie die Studie aufzeigt, sind besonders wertschöpfungsstark – auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht – jene Betriebe, die unter den heutigen Bedingungen hohe Arbeitseinkommen generieren. Besonders wertschöpfungsschwach sind die Betriebe, die mit (zu) hohen Kosten operieren. Jene Betriebe mit höheren Arbeitsverdiensten sind im Durchschnitt auch aus gesamt wirtschaftlicher Sicht bezogen auf ihren Arbeits- und Kapitaleinsatz produktiver. Die Erzielung eines angemessenen Arbeitsverdienstes sowie die generelle Minderung der Produktionskosten müssen daher zukünftig dringen ins Zentrum bei der Vergabe der Strukturverbesserungsmassnahmen rücken. 

 

 Grundsätzlich soll gelten: Wer staatliche Investitionshilfen erhält, soll aufzeigen können, wie nach der getätigten Investition alle im Betrieb namhaft mitarbeitenden (auch familieneigenen) Arbeitskräfte angemessen entlöhnt werden können. Die Entlöhnung dieser Personen soll sich dabei an den Richtlöhnen für landwirtschaftliche Angestellte des SBV orientieren. Dabei soll nach Berufserfahrung und Ausbildungsstand abgestuft gerechnet werden. Nach Abzug dieser Lohnabgeltungen soll vom verbleibenden Gewinn aus der Landwirtschaft noch genügend Gewinn ausgewiesen werden, so dass für die betriebsleitende Person eine anständige Arbeitsabgeltung für die im Betrieb geleistete Arbeit resultiert. Diese Arbeitsabgeltung könnte sich zum Beispiel an der Richtlohntabelle des SBV orientieren. Als Mindestmass könnte als Vorschlag das Erreichen von mindestens 80% dieses Richtlohns gelten. 

 

Die bisher zur Anwendung gelangte Tragbarkeitsberechnung ist dahingehend zu reformieren, dass keine falschen Anreize mehr zu Gunsten einer intensiveren und ökologisch und ökonomisch nicht nachhaltigen Produktionsweise resultieren. Es sollen vor allem auch Anreize geschaffen werden, welche zu wirtschaftlicherem Verhalten, zu kostengünstigeren Lösungen, zum Zwang von Schuldentilgungen, zur Verbesserung der Kostenstrukturen führen. Z.B. soll mit einer genügend hohen Verzinsung der Hypothekarschulden gerechnet werden, wie dies bei bankfinanzierten nichtlandwirtschaftlichen Bauten ebenso üblich ist. Bei allen privaten Darlehen ist immer zwingend mit einer angemessenen Verzinsung und zwingenden mit einer Amortisation zu rechnen. Beim Privataufwand sind ein genügend hoher Verbrauch mit angemessener Berücksichtigung einer Reserve, sowie zwingend eine Risikoabsicherungen für Tod, für Invalidität und die Altersvorsorge immer einzurechnen.

 

Grundsätzlich sollen nur noch Projekte mitfinanziert werden, welche eine genügende allgemeine Reserve bei der Tragbarkeit beinhalten und welche den Nachweis erbringen, aus sozialer, ökonomischer sowie ökologischer Sicht eine genügende Nachhaltigkeit ausweisen können. Eine gesamtwirtschaftlich wertschöpfungsstarke und ökologischer produzierende Landwirtschaft kann sich erst dann entwickeln, wenn der heute sehr grosszügige finanzielle Spielraum für übermässig kostenintensive und damit unökologische Produktionsweisen reduziert wird.