Mittwoch, 22. März 2023

Inverkehrbringen von und Umgang mit Biozidprodukten

Die Belastungen durch Pestizide und Nährstoffüberschüsse bedroht unsere Biodiversität und unsere Produktionsgrundlagen, insbesondere aber auch unser Trink- und Grundwasser. Mit der parlamentarischen Initiative 19.475 «Das Risiko beim Pestizideinsatz verringern» wurde ein Massnahmenpaket beschlos-sen, um u.a. die Risiken, die von Pestiziden für das Trinkwasser ausgehen, zu minimieren. Die beschlossenen Massnahmen sind ein erster Schritt, sie ge-nügen jedoch bei weitem nicht, um die Umweltziele der Landwirtschaft zu erreichen und unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zu sichern.

Dass die beschlossenen Massnahmen auch im Bereich der Biozidprodukte Anwendung findet, ist richtig und begrüssen wir ausdrücklich. Damit die geplante Teilrevision der Biozidprodukteverordnung (VBP) aber ihre gewünschte Wirkung erzielt, fordern wir eine Generaleinfuhrbewilligung für den Import von Biozidprodukten, analog zur Einfuhr von Pflanzenschutzmitteln.

Weiter fordern wir, analog zur Gewässerschutzverordnung, spezifische Anforderungen an die Grenzwerte in die Verordnung aufzunehmen, die nicht überschritten werden dürfen. Dies führt zu einer besseren Messbarkeit als die vorgeschlagene Zielsetzung zur Risikoreduktion durch Messungen in Gewässern.

Mit der Änderung der Chemikalienverordnung (ChemV) soll den kantonalen Chemikalienfachstellen der Zugang zu den Rezepturdaten chemischer Produkte im Produkteregister Chemikalien (RPC) gewährt werden. Die für den Hauptzweck des RPC relevanten Angaben können im Rahmen der Marktüberwachung nur unter dieser Voraussetzung wirkungsvoll und glaubwürdig überprüft werden. Diese Massnahme ist zu begrüssen.

Die vorgeschlagene Änderung der VBP umfasst einerseits einen Indikator für die Abschätzung des Risikos beim Einsatz von Biozidprodukten und andererseits Kriterien für die Überprüfung von Zulassungen von Biozidprodukten. Die beiden Instrumente haben einen unterschiedlichen Anwendungs- beziehungsweise Wirkungsbereich. Zur Schliessung des Regelkreises zwischen Erkenntnissen aus dem Risikoindikator und der Überprüfung von Zulassungen sind noch zusätzliche verbindliche Mechanismen vorzusehen.

Als aktive Massnahme zur Reduktion des Risikos durch den Einsatz von Biozidprodukten beinhaltet die vorliegende Teilrevision einzig die Überprüfung von Zulassungen. Diese Massnahme betrifft eine überschaubare Anzahl von Wirkstoffen, welche die gewässerschutzrechtlich zu Grunde gelegten Kriterien überschreiten. Von den Zulassungsbeschränkungen sind dadurch nur die Biozide betroffen, welche die entsprechenden Wirkstoffe beinhalten. Es ist davon auszugehen, dass auch die Verwendung von Bioziden durch weitere, präventive Massnahmen zur Risikoreduktion adressiert werden muss z.B. die Beschränkung der Gültigkeitsdauer für die Fachbewilligungen für die allgemeine Schädlingsbekämpfung und für die Verwendung von Holzschutzmitteln.

Pestizide enthalten oftmals die gleichen Wirkstoffe wie Biozide – und werden dort in grösseren Mengen als in Bioziden eingesetzt. Dieser Aspekt erfordert aus unserer Sicht einen zusätzlichen, spezifischen Fokus.

Grundsätzlich braucht es aber eine umfassende, nutzungsbereichsübergreifend Herangehensweise an die diversen Wirkstoffe. So sind bspw. die Abbauprodukte (Metabolite) von Bioziden oft giftiger als das Produkt selber; die unterschiedlichen chemischen Verbindungen weisen teils einen multiplizierenden oder kumulierenden Effekt auf. Das Monitoring aller Wirkstoffe ist herausfordernd, weil zahlreiche Kombinationen möglich sind – trotzdem müsste dies in Zukunft wo möglich berücksichtigt und dokumentiert werden. Wichtig wäre zudem die Äquivalenz der Einstufung aller Chemikalien, welche in die Umwelt eingetragen werden – insbesondere auch für Medikamente und Putzmittel