Montag, 31. Juli 2023

1. August: Unser Parteipräsident Jürg Grossen gratuliert der Schweiz zu ihrem 175-jährigen Bestehen

175 Jahre Schweizer Bundesstaat und Schweizer Bundesverfassung. Ein Meilenstein in unserer Geschichte, der uns Gelegenheit gibt zurückzublicken, die Entwicklung unseres Landes zu betrachten und daraus Inspiration für die Zukunft zu ziehen. Die Geschichte der Schweiz ist eine von Mut, Aufbruchstimmung und Innovation – genau diese Eigenschaften brauchen wir auch bei der Lösung der grössten Herausforderungen unserer Zeit.

Von unserem Parteipräsidenten Jürg Grossen, Rede wurde am 31. Juli 2023 in Madiswil BE gehalten

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

 

Ich stehe heute vor Ihnen, um den 1. August 2023 zu feiern - den Nationalfeiertag der Schweiz. Doch dieses Jahr ist etwas ganz Besonderes, denn wir ehren nicht nur unseren traditionellen Nationalfeiertag, sondern auch ein beeindruckendes Jubiläum: 175 Jahre Schweizer Bundesstaat und Schweizer Bundesverfassung. Ein Meilenstein in unserer Geschichte, der uns Gelegenheit gibt zurückzublicken, die Entwicklung unseres Landes zu betrachten und daraus Inspiration für die Zukunft zu ziehen. Die Geschichte der Schweiz ist eine von Mut, Aufbruchstimmung und Innovation – genau diese Eigenschaften brauchen wir auch bei der Lösung der grössten Herausforderungen unserer Zeit.

 

Vor 175 Jahren, im Jahr 1848, wurde unser Bundesstaat gegründet. Es ist aber nicht so, dass damit der perfekte Zustand schon erreicht war. Vielmehr hat sich die Schweiz seither ständig weiterentwickelt – genau das war und ist unser Erfolgsgeheimnis. Es ist mit anderen Worten nicht ein einmaliges Ereignis, das uns stark gemacht hat, sondern vielmehr die stetige Entwicklung und der Mut zur Veränderung in den letzten 175 Jahren. Der Mut, Altes und Überholtes hinter sich zu lassen und sich auf Neues einzulassen, der Mut für neue Lösungen.

 

Denn wo standen wir 1848: Es gab eine beeindruckende Industrie in unserem Land mit dem weltweit höchsten Export-Anteil pro Kopf. Wir waren also schon damals stark mit unseren Nachbarländern vernetzt. Üblich war aber auch die 90 Stunden-Arbeitswoche, und es war normal, dass Kinder neben der Schule arbeiteten. Erst mit dem Fabrikgesetz von 1877 wurden der Schutz der Arbeitnehmenden etwas verbessert und die schlimmsten Auswüchse gemildert. Die AHV wurde erst 100 Jahre später – 1948 - eingeführt, die berufliche Vorsorge BVG als weiteren Schritt 1985. Auch das Frauenstimmrecht liess viel zu lange, nämlich bis 1971, auf sich warten. Heute und zahlreiche Volksabstimmungen später haben wir den heutigen Arbeitnehmerschutz und Wohlstand erreicht, dank vielen engagierten politischen Diskussionen und Debatten. Neben dem Ausbau der Demokratie und der Sozialwerke haben wir aber stets auf attraktive Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen geachtet. Mit möglichst wenig Gesetzen, vergleichsweise tiefen Steuern und einem liberalen Arbeitsmarkt.

 

Da ich mich als Unternehmer und Politiker stark mit der Energieversorgung beschäftigte, habe ich auch hier einen Blick zurück ins Jahr 1848 gemacht. Diese sah damals komplett anders aus, wie das Bundesamt für Energie in einem Bericht aufzeigt: 1848 war Holz der primäre Energieträger und machte fast 90 Prozent der Gesamtenergiebilanz aus. Kohle hatte einen Anteil von gerade einmal 3 Prozent und lag damit deutlich hinter Torf mit einem Anteil von 9 Prozent. Von Öl, Gas oder gar Atomkraft weit und breit nichts in Sicht. Und die Wasserkraft? Ihr Anteil lag bei bescheidenen 1 Prozent. Sie wurde zunächst vor allem in Form von Wasserrädern direkt für die Industrie und die Mühlen genutzt. Erst in den 1880er-Jahren wurde dann Elektrizität erzeugt. Im Mai 1886 lieferte das Wasserkraftwerk Thorenberg in Littau (LU) – als eines der ersten weltweit - Wechselstrom über ein Stromnetz an Dritte.

 

Es folgten die Epochen anderer Energieträger. Zuerst diejenige der Kohle, die mit der Eisenbahn Einzug in der Schweiz hielt und zu einer starken Importabhängigkeit führte. Danach die bisher mutigste, die Epoche der Wasserkraft, welche hohe Investitionen und ein Stromnetz über die ganze Schweiz nötig machte und die Gesellschaft des 20. Jahrhunderts prägte, aber auch stark forderte. Die grossen Staudämme zum Beispiel sind Generationenprojekte, welche mutig entschieden und mit Schweizer Innovation erbaut wurden. Den Nutzen haben unzählige Generationen danach. Diese Energieform ist heute noch ein zentraler Pfeiler unserer Stromversorgung und wird es noch sehr lange bleiben. Die Technologie und das Wissen aus diesen Projekten haben wir über Generationen für uns nutzen und ins Ausland exportieren und damit unseren Wohlstand erlangen können. Das nenne ich echte Nachhaltigkeit und Weitsicht.

 

Es folgte die Epoche des Erdöls, dessen Aufstieg mit der Automobilisierung der 1920er Jahre begann und den Höhepunkt um 1970 erreichte, als der Schweizer Bruttoenergieverbrauch fast zu vier Fünfteln mit Erdöl bestritten wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg beherrschte die Atomkraft die Energiediskussionen. Sie trat mit dem Versprechen an, alle bestehenden und zukünftigen Energieprobleme zu lösen, und führte zu einer Reihe umstrittener Atomkraftwerke.

 

Und schliesslich die aktuelle Epoche, die der Energienachhaltigkeit, die in den 1970er Jahren auf den Weg gebracht wurde: Sie zielt auf eine Diversifizierung und einen Umbau in Richtung nachhaltiger, umweltverträglicher Energieversorgung hin. An diesem System arbeiten wir alle gemeinsam immer noch weiter, zuletzt mit der klaren Annahme des Klimaschutzgesetzes im Juni dieses Jahres.

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, sie sehen, es ist nicht der Zustand von 1848, der uns stark gemacht hat. Vielmehr ist es die Bereitschaft der Schweizerinnen und Schweizer zur Weiterentwicklung. Das herausragende Merkmal unserer Stärke ist zweifellos unsere direkte Demokratie, die übrigens auch erst nach 1848 schrittweise eingeführt wurde. Als Land, das seine Bürgerinnen und Bürger aktiv in Entscheidungen einbindet, haben wir bewiesen, dass Vielfalt und Mitsprache das Fundament einer robusten Gesellschaft sind. Diese gelebte direkte Demokratie hat uns ermöglicht, den Fortschritt zu gestalten und eine breite Palette von Ideen und Ansichten zu berücksichtigen, um die besten Lösungen für unsere Herausforderungen zu finden.

 

Eine der ganz zentralen Herausforderungen – wenn nicht die grösste überhaupt – haben wir in der Energiepolitik. Die Zukunft von Umwelt und Klima hängen genauso davon ab wie unsere Versorgungssicherheit und damit unser Wohlstand. Mit dem neuen Klimaschutzgesetz hat das Schweizer Volk beschlossen, sich auf den Weg zur Klimaneutralität zu machen. Die Schweiz wird daher künftig mehr in erneuerbare Energien investieren, innovative Technologien fördern und den Energieverbrauch effizienter gestalten.

 

Wir haben in den letzten Jahren zu wenig für eine unabhängige und sichere Energieversorgung gemacht und dürfen uns nicht weiter auf den Erfolgen unserer Urgrossväter ausruhen. Unsere Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen verlangt nach konkreten Taten mit einem klaren Blick für die Zukunft.

 

Ich bin kein Prophet und habe auch keine Kristallkugel. Als Energieplaner erlaube ich mir aber eine Einschätzung zur Zukunft unserer Energieversorgung. Eine sichere, eigenständige, CO2-neutrale Schweizer Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ist möglich, und das ohne Komforteinbusse und auch mit Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum. Ich habe im Jahr 2020 eine Roadmap dazu erstellt, die massgeblich auf Sonnenenergie, Energieeffizienz und Intelligenz bei Stromnetz- und Stromspeichern setzt.

 

Diese Strategie ist mittlerweile politisch breit getragen und birgt immense Chancen für uns alle, sie ist unser Generationenprojekt. Neue Technologien und gesellschaftliche Entwicklungen ermöglichen uns endlich, grosse Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu machen. Setzen wir das richtig um, wird der Nutzen für unsere Unternehmen und unsere Gesellschaft ein enormes Exportpotenzial von Knowhow und Technologie für viele kommenden Generationen sein. Das macht Hoffnung.

 

Wie bei der Energie sind auch bei der Altersvorsorge, im Gesundheitssystem und bei der Beziehung mit der EU mutige Schritte nötig, um unsere Lebensqualität zu verbessern und den kommenden Generationen eine lebenswerte Schweiz zu hinterlassen.

 

Der Nationalfeiertag und das 175-Jahre Jubiläum erinnert uns daran, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen dürfen, sondern den Mut zur Veränderung, den Mut für neue Lösungen bewahren müssen. Wir müssen die Chancen ergreifen, die sich uns bieten, um unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt weiterzuentwickeln und zu stärken.

 

In diesem Sinne möchte ich sie aufrufen: Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft gestalten und die Schweiz zu einem noch lebenswerteren Land machen. Lassen sie uns die Aufbruchstimmung von 1848 mit dem Innovationsgeist des 21. Jahrhunderts verbinden. Lassen sie uns die direkte Demokratie als Fundament unserer Stärke bewahren und unsere Wirtschaft, unseren Wohlstand und unsere Umwelt mit Entschlossenheit gestalten. Als offene, innovative und verantwortungsvolle Volkswirtschaft dürfen wir uns den kommenden Herausforderungen mit Mut und Zuversicht stellen.

 

Ich wünsche Ihnen allen einen wunderbaren Nationalfeiertag und danke Ihnen für Ihre unermüdliche Begeisterung für unsere geliebte Heimat, die Schweiz!

 

Herzlichen Dank!