Mittwoch, 26. Mai 2021

Eine Bankrotterklärung des Bundesrats

Nachdem der Bundesrat das Europadossier jahrelang konzept- und führungslos vor sich hinschob, hat er heute den grossen Scherbenhaufen produziert. Er nimmt den Zerfall der bilateralen Beziehungen zur Europäischen Union mutwillig in Kauf. Derselbe Bundesrat notabene, der das gleiche Rahmenabkommen im Januar 2019 als «in weiten Teilen im Interesse der Schweiz» beurteilte, unterliegt jetzt dem Druck einzelner Akteure. Es ist nicht akzeptabel, dass der Bundesrat dieses zentrale Dossier ohne Einbezug des Parlaments nicht mehr weiterverfolgen will. Eine so grundsätzliche und für Wirtschaft, Forschung und Grenzregionen folgenreiche Entscheidung braucht eine stärkere demokratische Legitimation. Die Grünliberalen werden sich mit allen konstruktiven Kräften weiterhin für eine rasche Sicherung und Weiterentwicklung der Bilateralen Beziehungen zur EU einsetzen.

Der bilaterale Weg zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ist eine Erfolgsgeschichte. Das Rahmenabkommen bleibt der Schlüssel, um das Schweizer Erfolgsmodell auf ein zukunftsträchtiges Fundament zu stellen. Unsere Unternehmen müssen ihre Produkte und Dienstleistungen auch künftig gleichberechtigt in ganz Europa verkaufen können. Genauso müssen unsere Hochschulen weiter von europäischen Forschungsprogrammen profitieren und unsere Studierenden den freien Zugang zu europäischen Universitäten behalten. Schliesslich brauchen wir bei zentralen Themen wie Energie, Gesundheit oder Forschung endlich neue Verträge, die unserem Land dringend nötige Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen, bevor wir noch stärker ins Hintertreffen geraten. Für all diese Herausforderungen hat der Bundesrat keine überzeugende Alternative.

 

Das Rahmenabkommen schafft Rechtssicherheit und bietet eine Perspektive

Auch der Bundesrat beurteilte das Rahmenabkommen im Januar 2019 als «in weiten Teilen im Interesse der Schweiz» und hielt fest, eine Zurückweisung hätte «negative Konsequenzen». Dies ist heute mehr denn je der Fall. Die positive Beurteilung des Bundesrats nach dem Abschluss der Verhandlungen war völlig berechtigt: Die Schweiz behält mit dem Rahmenabkommen die Souveränität bei innerstaatlichen Gesetzgebungsprozessen. Die Regelung zur Streitbeilegung ist sogar ein Gewinn für die Schweiz im Vergleich zu heute, da sie einen klaren Prozess vorschreibt und verhindert, dass bei unlösbaren Konflikten die EU unverhältnismässig reagiert.

 

Bundesrat ignoriert Wirtschaft, Forschung und Grenzregionen

Der Bundesrat ignoriert die von ihm selbst ins Feld geführten negativen Konsequenzen komplett. Auch blendet er aus, dass unsere Hochschulen, die Industrie, der Finanzplatz, der Pharma- und Medizinaltechnikstandort, die Energiewirtschaft oder auch der Städteverband und die Grenzregionen die Wichtigkeit und Dringlichkeit des Rahmenabkommens unterstreichen. Die Grünliberalen werden sich mit allen konstruktiven Kräften weiterhin für das Rahmenabkommen und eine selbstbewusste Umsetzung einsetzen.